St. Laurentius Erfurt

Predigt zur Impulsandacht

Sonntag, 20.03.2022

St. Martini

Kreuzbube

Impulsandacht Fastenzeit St. Martini – 20. März 2022

Skat bei Bartimäus oder Kreuz ist Trumpf

Mk 10,46-52

 

Ich weiß nicht, Schwestern und Brüder, was Sie gerade für ein Blatt auf der Hand haben: Herz 8 – Pik 7 – das ist ziemlich wertlos, damit macht man keinen Stich. Karo Dame, auch nicht toll ... Pik Ass ... vielleicht ... Da ist viel wertloses Zeug dabei – ein schlechtes Blatt. Damit kann ich – wenn das Leben mit seinen Herausforderungen reizt, ziemlich bald aussteigen: 18, 20, 2, weg!
Da ist zwar auch das ein oder andere dabei, mit dem man durchaus einen Stich machen könnte. Doch ob das alles zum Gewinnen reicht, bleibt abzuwarten.

Manchmal hat man den Eindruck, ausgerechnet jetzt muss ich mitspielen, mit so einem miesen Blatt auf der Hand. Und dann muss man zum schlechten Spiel auch noch gute Miene machen.

Das Leben ist wie ein Kartenspiel, und ich habe ein ganz mieses Blatt bekommen.

Verena, in einem DDR-Kinderheim großgeworden, ihre Eltern hat sie nie kennengelernt, ist als Jugendliche an einen Mann geraten, der ihr den Himmel auf Erden versprochen hatte. Ganz schnell aber wendete sich das Blatt: Gewalt war an der Tagesordnung, Schläge, Fehlgeburt, Depression, Scheidung ... Flucht in den Alkohol, arbeitslos, Entziehungskur, Rückfall, Auto vor den Baum gesetzt, kommt vom Alkohol nicht los, kein Geld, Diebstahldelikte, obdachlos, sie verwahrlost immer mehr ...

Das Leben ist wie ein Kartenspiel, und ich habe ein ganz mieses Blatt bekommen.

Mykola, Anfang 2004 in der Ostukraine geboren, Eltern, Großeltern, Geschwister, in der Schule ein Überflieger, spielt Fußball und lernt Klavier – doch mit 10 Jahren ist die heile Welt zu Ende: Bomben im Donbas. Sein Elternhaus steht nicht mehr, als er aus der Schule kommt, nur die Mutter und seine kleine Schwester überleben. Sicher, das Leben geht weiter, sie ziehen aufs Land, dort ist es sicherer, doch Mykola kann nicht mehr lachen. Er geht weiter zur Schule – aber ringsum ist Krieg, mal mehr mal weniger. Eigentlich will er studieren, doch jetzt ist richtig Krieg. Alles flieht ... Er muss bleiben, allein – vor sechs Wochen ist er 18 geworden ...

Das Leben ist wie ein Kartenspiel, und ich habe ein ganz mieses Blatt bekommen.

Bartimäus, blind geboren zur Zeit Jesu bedeutete, den Lebensunterhalt der Familie, die einen aus Barmherzigkeit am Tisch mitessen ließ, durch Betteln mitzuverdienen. Ein Blinder hatte keinen Eigenwert, er war ein Nichts, Abhängigkeit pur. Bartimäus – das war nicht einmal ein Name, sondern hieß einfach „Sohn des Timäus“. Und Bartimäus hat Angst, Angst davor, heimkommen zu müssen, ohne einen Cent im Hut, ausgeliefert dem Geschimpfe und Gespött der Angehörigen: „Noch nicht einmal zum Betteln taugst du!“

Das Leben ist wie ein Kartenspiel, und ich habe ein ganz mieses Blatt bekommen.

Wer da ein schlechtes Blatt hat, Schwestern und Brüder, wer da meint, im Leben die „A-Karte“ gezogen zu haben, den zermürbt die Frage: Spielen die anderen mich jetzt aus? War‘s das jetzt gewesen? Bin ich in der nächsten Runde noch dabei? Reicht das, was ich bin und habe? Oder werde ich ausgestochen? – 18, 20, 2, weg ...

Doch dann erlebt Bartimäus, dass die Karten neu verteilt werden. Ja, auch für ihn: Die Karten werden neu gemischt. Gott sei Dank! Denn das heißt: Ich bin nicht draußen, ich bin dabei. Ich spiele noch eine Rolle, und ich habe wieder neue Chancen.
Neues Spiel. Neues Glück. – Mit welchem Blatt gehen wir in die nächste Runde?

Während die einen meinen, dass das Schicksal die Karten mischt, glaube ich – wenn wir im Bild bleiben – glaube ich eher, dass wir das Blatt, mit dem wir spielen, von Gott gemischt und ausgeteilt bekommen. Und egal, ob wir dann meinen, ein mieses Blatt auf der Hand zu haben oder nicht: Gott bietet uns immer auch einen echten Trumpf dazu. Nicht nur ein Ass im Ärmel, er bietet uns seinen Kreuzbuben, der uns vielleicht schon längst, ohne dass wir es gemerkt haben, in der Hinterhand ist! Und mit diesem Trumpf, dem Kreuzbuben, und dem Vertrauen auf ihn, wendet sich das Blatt: Bartimäus kann sehen, was ihn und sein ganzes Leben verändert.

Der Kreuzbube, Schwestern und Brüder, der Kreuzbube ist beim Skat der höchste Trumpf. Mit dieser Karte kann man alle anderen Karten stechen. Natürlich werde ich ihn nicht immer gleich einsetzen, manche Attacke im Spiel lässt sich auch anders abblocken. Aber wenn es um Sein oder Nichtsein geht, dann hilft der Kreuzbube.

Auch im wirklichen Leben bin ich natürlich erstmal selbst gefragt, das Leben zu gestalten, das Leben im Griff zu haben. Man muss zu unterscheiden lernen, muss lernen, Dinge des Lebens in den Skat zu drücken und für anderes zu kämpfen. Und schon gar nicht sollte man für alles den „lieben Gott“ verantwortlich machen. Aber wenn es hart auf hart kommt, gibt es einen Trumpf, auf den ich mich verlassen kann: Den Kreuzbuben, den Buben, Jesus, am Kreuz. Und mit dem Kreuzbuben kann das Leben noch so hoch gegen uns reizen: Kein Grund zu resignieren und zu verlieren: Der Kreuzbube, der Sohn Gottes am Kreuz ist unendlich viel wert ... weil:

„Fürwahr, er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt“, sagt schon der Prophet Jesaja. – Doch „zu unserem Heil lag die Züchtigung auf Ihm; durch Seine Wunden sind wir geheilt“ (Jesaja 53, 4–5).

Der Kreuzbube ist unendlich viel wert!
Heilung ist möglich, Frieden ist möglich, Leben ist möglich ...

Deshalb ist der Kreuzbube Trumpf! Auf Ihn lohnt es sich zu setzen ...
damals Bartimäus, heute Verena und Mykola ...
und morgen ...
Sie und Du und ich?
Vergessen wir nicht, dass wir Ihn in der Hinterhand haben.
Trauen wir Ihm, Er hat am Kreuz für uns das Blatt gewendet – für jeden von uns. Kreuz ist Trumpf! – Amen.

Diakon Matthias Burkert

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